GKBUL4

Bulgarische Traditionen und Bräuche

"Surva vesela godina, dogodina, do amina!" Am 01. Januar klopfen Kinder mit schön geschmückten Kornelkirschruten (survakniza) auf den Rücken der Erwachsenen und wünschen ihnen ein glückliches und gesundes Neujahr. Dafür werden sie mit Süßigkeiten und Geld beschenkt. Früher war die survakniza mit Wolle, Popcorn und trockenen Früchten verziert, heute wird sie mit buntem Glanzpapier dekoriert. Die Kinder tragen Gedichte und Lieder vor, die speziell für diesen Anlass verfasst wurden.

Bild unter: http://detstvoto.net/index.php?newsid=1136

Die Reihe von traditionellen Festen zum Jahresbeginn geht gleich am 06. Januar mit dem Yordanstag weiter. Nach dem religiösen Kalender wird an diesem Tag die Erscheinung des Herrn gefeiert und gleichzeitig der Mut und die Ausdauer der Männer auf die Probe gestellt. Der Pfarrer wirft das Kreuz ins Wasser (Fluss, See, Meer) und die Männer springen rein, um es herauszuholen. Derjenige, dem das gelingt, wird ein gesundes, glückliches und erfolgreiches neues Jahr haben. In manchen Orten Bulgariens wird auch Männerhoro (Reigen) im Wasser getanzt.

Bild unter: www.for-bgtraveller.info/2012/01/blog-post.html

Früher haben die Bauern vorwiegend während der kalten Jahreszeit gefeiert, da es auf den Feldern keine Arbeit gab. Deshalb finden bis heute die meisten bulgarischen Bräuche in den Wintermonaten statt. Der 14. Februar wird in Bulgarien seit jeher festlich begangen, an dem Tag wird der Heilige Trifon, der Patron der Winzer, geehrt. Am Trifon Zarezan werden die Rebstöcke rituell geschnitten und mit Wein begossen, damit sie viele Trauben hervorbringen. Danach wird der neue Wein probiert und bis spät in die Nacht gefeiert. Da die Winzer vorwiegend männlichen Geschlechts sind, ist der 14. Februar als Männertag bekannt.

Jedes Jahr am 01. März schenken die Bulgaren ihren Verwandten und Freunden einen speziellen Talisman, genannt Marteniza. Er besteht aus weißen und roten Wollfäden, die zusammengeflochten sind und mit Quasten enden. Laut der Legende wird Marteniza von Oma Marta gebracht, so der volkstümliche Name des Monats März, und symbolisiert das Frühlingserwachen der Natur. Die Marteniza wird so lange getragen, bis man den ersten Storch sieht. Danach wird sie an einen blühenden Obstbaum gebunden, damit das Jahr fruchtbar wird. Dieser Brauch ist eine der ältesten und schönsten Traditionen Bulgariens. Schon seit Mitte Februar sind die Straßen mit Verkaufsständen übersät, die eine große Vielfalt von bunten Martenizi anbieten.

Eines der spektakulärsten und rätselhaftesten Kulturphänomene Bulgariens ist der Brauch Nestinarstvo. Männer und Frauen in traditionellen Trachten tanzen barfuß auf Glut. Dieser Feuertanz wurde anfänglich am 21. Mai, das Fest der Heiligen Konstantin und Elena, als Teil der Festivitäten durchgeführt. Mittlerweile wird er auch als Touristenattraktion angeboten. Sein Ursprung liegt noch in der Zeit vor Christus, als die Thraker, die ersten Siedler des heutigen Bulgariens, ihren heidnischen Sonnenkult zelebrierten. An bestimmten heiligen Plätzen wird ein Feuer angezündet, aus dem ein Glutkreis mit 2 m Durchmesser und 4-5 cm Dicke gelegt wird. Das Ritual wird von den ältesten Nestinari, so werden die Tänzer genannt, eröffnet. Sie laufen drei Mal um die Glut herum und durchkreuzen sie dann. Nachher treten alle Nestinari mit der Ikone von Konstantin und Elena auf die Glut und fangen an zu tanzen. Manchmal machen sie auch Prophezeiungen. Das Ritual wird von spezifischer Trommelmusik begleitet und dauert einige Minuten.

Die Fähigkeit, übers Feuer gehen zu können, wird vererbt. Nur einige "Nestinari-Familien" besitzen die Begabung, sich in eine Art Trance zu versetzen und ohne Verbrennungen aus dem Feuer zu kommen. Der Brauch soll Gesundheit, Glück und Fruchtbarkeit bringen. Das Feuer soll die schlimmen Geister und Dämonen vertreiben. Kranke Menschen werden von den Nestinari übers Feuer getragen, damit sie gesund werden. Das Ritual Nestinari wurde zum Weltkulturerbe erklärt.

Viele bulgarische Bräuche sind eine Mischung aus dem orthodoxen Glauben und den thrakischen heidnischen Praktiken. Die christliche Religion ist nicht die einzige geistige Stütze der Bulgaren. Ihr Alltag ist voll von abergläubischen Ritualen, die als doppelte Absicherung für ein gutes Leben dienen. Diese Dualität ist typisch für Bulgarien - ein Land der Kontraste, in dem sich Osten und Westen treffen, wo Riten und Bräuche bewahrt und gelebt werden.

Empfehlen